Rückblick: 2016 in Zahlen
Ein Jahr der Superlative und Extreme
2016 war ohne Zweifel ein Jahr der Superlative. Nie habe ich mehr Sport gemacht und bin häufiger Rad gefahren. Ganze 845 Stunden trieb ich Sport. Auf dem Rennrad, mit Laufschuhen, in Badehose oder auf Langlaufski/Skikes. Es war ein Jahr, das auf den Rekord in Holzhau ausgerichtet war und mir in Vorbereitung auf dieses Saisonziel große Erfüllung brachte. Nie hatte ich mehr Spaß an dem Tun im Radsport. Beinahe grenzenlose Motivation bis zum Highlight Ende Juli. Die eine Seite.
2016 war auch das Jahr, wo ich den Spaß lange vermisste, suchend war. Zeit benötigte zur Besinnung, Erholung und zum Abstand gewinnen. Die Rede ist von der Zeit nach dem Weltrekord. Eigentlich kein Bock mehr auf den Bock, auf Training, auf den Social Media Kram, auf Strava, den Zirkus im Radsport und auf die Vielzahl an neuen Nachrichten, wenn man einen halben Tag mal nicht auf das Telefon oder den Computer geschaut hat. Und spätestens nach dem Ötzi und den vielen positiven und negativen Erlebnissen aus Sölden wich auch die letzte Lust auf eine gewisse Form des Darstellens. Alles schien mir so unwichtig und unnötig.
Nun ist es aber an der Zeit wieder aktiv zu werden!
Ziele erreicht?
Das Ziel von 2016 war der Weltrekord in Holzhau. Dieses Ziel wurde erreicht und alle Überwartungen dabei übertroffen. Sei es aus sportlicher Sicht, von der emotionalen Wirkung oder in Bezug auf die mediale Präsenz. Ebenso famos schlug das Petz Racing Team ein. Die zahlreichen sportlichen Erfolge bei Rennen in ganz Europa nur der schmückende Rahmen um die vielen schönen Erlebnisse mit tollen Menschen.
Ein weiteres Ziel: Verbesssern wollte ich mich. Die Trainingsbelastung wieder ein Stück steigern, wieder ein bisschen schneller werden und mehr Watt pro Kilo am Berg treten können. Mit 21000 km hatte ich für dieses Jahr gerechnet. Nicht mehr und nicht weniger. Nicht mehr? Kann man zuviel Radfahren? Ja! Ich fahr sehr gerne Rad, aber alles hat seine Grenzen. Ich möchte nicht zuviel machen und Umfänge unnötig schnell steigern. In einem vernünftigen Rahmen die Trainingsbelastung Jahr für Jahr steigern, so dass daraus ein langfristiger Leistungsfortschritt resultiert und negative Überlastungserscheinungen möglichst ausbleiben. Gefahren bin ich dieses Jahr schließlich 22000 km in 802 Stunden auf dem Rad. Gern wäre ich aus Trainersicht sogar etwas weniger Rad gefahren und hätte mehr Qualität ins Training gebracht, aber da ich nicht nur Radsportler bin, sondern auch als Dresdner überzeugt davon bin, das ein Rad das beste Transportmittel in der Stadt ist, sind allerhand Stadtwege zusammen gekommen, auf denen kein sinnvolles, qualitativ hochwertiges Training möglich ist. Viele von den zu erledigenden Stadtwegen nutzte ich also zu rein regenerativen Trainingszwecken und versuchte langsam zu fahren, um den Impact auf mein Training möglichst gering zu halten. Das heißt vorallem, das die dringend benötigte Erholung zwischen qualitativ hochwertigen Trainingseinheiten nicht zu kurz kommt, wenn mal wieder ein paar Wege in der Stadt zu erledigen sind.
2015 vs. 2016
Schauen wir auf die langfristige Trainingsbelastung (42 Tage-CTL nach eigenem Punktesystem) in den letzten beiden Jahren.
Man sieht grundsätzlich sehr schön, wie die Trainingsbelastung innerhalb eines Jahres schwankt. Wie im Winter die Belastung deutlich zurück gefahren wird, sich der Körper erholen kann und wie mit Beginn des neuen Jahres das Training wieder aufgenommen wird und das Training bis zu den Saisonpeaks gesteigert wird.
2015
2015 habe ich in Hinblick auf das RATA sehr, sehr gut trainiert. Nicht besonders viele Stunden. Aber die Stunden, die ich auf dem Bock war, hatten eine extrem hohe Qualität. Auch dank der Trainingsumgebung von Freiberg und dem ununterbrochen gut rollenden Muldental vor der Haustüre. Auch bin ich viel allein gefahren. Es gab somit wenig leere Rollkilometer. Die Belastung war im Mai / Juni schon so hoch, die Trainings bereits sehr ermüdend, so dass ich mich zwar grundsätzlich fit fühlte, aber vor dem RATA 2015 schon ein leichtes Gefühl von Übertraining hatte und nicht besonders frisch war. Nach dem erfolgreichen RATA 2015 konnte ich mich zwei Wochen erholen, das war dringend nötig, bevor ich für den Krusnoton und den Alpentraum neu aufbaute und einen zweiten Saisonpeak setzte, der zwar im Vergleich zum Mai/Juni-Peak etwas weniger trainingsintensiv war, dafür und dank ausreichender körperlicher und mentaler Frische sehr gute Leistungen zur Folge hatte. Das Highlight war sicher der Krusnoton und die Performance bei 38 Grad Hitze. Nach dem Alpentraum im September war die Saison gelaufen und mich plagten wegen Überlastung durchs Laufen und durch die lange Saison ernsthafte Knieprobleme (ITBS). Pause also zur richtigen Zeit.
2016
Mit dem RATA, Holzhau, Krusnoton und dem Ötzi waren die Termine 2106 so gelegt, das kein Formaufbau mit 2 Saisonpeaks möglich war und ein langgezogener Peak das Mittel der Wahl war. Das war keine Idealkonstellation, aber ließ sich nicht ändern. Umso mehr ging es mit Bedacht ins Training. Nur nicht zu früh zu gut in Form sein, eine zu hohe Belastung fahren oder krank werden. Holzhau war ein fixes Event, ein Ausfall wäre nicht gut gewesen. Näher hatte ich über dieses Horrorszenario auch nicht nachgedacht. Die Belastung wurde also gemäßigter als 2015 gesteigert und erreichte ein niedrigeres Niveau als noch im Jahr zuvor. Beim RATA fühlte ich mich somit noch sehr frisch, die Form war bereits gut, wenngleich ich mich noch nicht auf dem Zenit fühlte. Zwei Wochen Erholung von dem 21-stündigen Ritt beim RATA und ich fühlte mich Mitte Juli, reichlich zwei Wochen vor Holzhau psychisch wie psychisch topfit und in blendender Verfassung. In Holzhau war die Verfassung annähernd perfekt. Das Double aus RATA und Holzhau war von Erfolg gekrönt. Nach dem Rekord war vorallem die psychische Verfassung dahin. Ich hielt wegen des anstehenden Krusnotons und des Ötzis die Trainingsumfänge noch recht hoch, aber an geplantes und strukturiertes Training war nicht zu denken, ebenso wenig an das Halten der 60,0 kg Körpergewicht. Physisch mag sich der Körper nach dem Rekord schnell erholt haben, knapp zwei Wochen etwa, sodass bei den Marathons wieder halbwegs gute Leistungen möglich waren. Mental konnte ich mich zumindest für die Rennen ebenfalls gut einstellen, aber eigentlich waren die Rennen zuviel des Guten. Endlich Pause hieß es ab September. Eine kurze Unterbrechung durch die der Sierra-Nevada-Umrundung, die im Oktober nochmal ein harte achttägige Belastung für den Körper darstellte.
2016 im Detail
Um dem Transparenzgedanken von Petz Racing Bedeutung zu verleihen, hier noch einige interessante Grafiken, die mein Training von 2016 noch etwas veranschaulichen und zusammenfassen.
FTP-Entwicklung
Die FTP schwankt zwischen 290 Watt im Winter und 330 Watt beim Formpeak im Sommer. Beim Berg- und Marathonfahren geht es weniger um absolute Leistung in Watt, als vielmehr um die relative FTP in Watt pro Kilogramm. Aufgrund nicht unbeträchtlicher Schwankungen von über 10% im Körpergewicht (siehe nachfolgendes Diagramm), verstärkt sich die Entwicklungskurve der relativen FTP: Werte zwischen 4,6 W/kg in verfressener Winterstimmung und 5,5 W/kg im austrainierten Bergfahrerzustand. Das sind absolute Welten am Berg! Eine Leistungsentwicklung, die zumindest nach oben hin, jedes Jahr aufs neue viel Vergnügen bereitet.
Gewicht-Entwicklung
Ich stelle mich nicht jeden Tag auf die Waage, auch nicht jede Woche. Ob man auf dem richtigen Weg ist, sieht man optisch ausreichend gut am eigenen Körper Tag für Tag. Denoch ab und zu, begebe ich mich in unregelmäßigen Intervallen auch auf die Waage um das Gewicht zu überprüfen. Mein Gewicht schwankt grundsätzlich gerne bis zu 2 kg innerhalb von ein bis zwei Tagen. Mit um die 62 kg hatte ich in der ersten Jahreshälfte mein Gewicht recht konstant gehalten. Für Holzhau wurde die Ernährung ein Stück verschärft, sodass das Gewicht auf unter 60 kg herunter ging. Danach strebte es wieder straff nach oben. 66 kg und mehr standen ab November auf der Waage. Wohl Normalgewicht für mich, aber zuviel für einen Bergfahrer.
Wöchentliche Trainingszeit
Viel Rad und ein bisschen Alternativsport im Winter. Meist um die 10 bis 13 Stunden Training pro Woche. Ich bin keiner, der im Winter lange Grundlage fährt. Die Basis ist durch langjähriges Training vorhanden und bleibt durch so manche intensivere und unspezifische Ausdauereinheit (z.B. durch eine 4 stündige Skilanglauftour) im Winter zwar nicht gänzlich erhalten, aber auf einem Mindestniveau, wo es nicht schwer fällt, das fordernde Training wieder aufzunehmen. Die Form kommt dann, wenn sie kommen soll, wie üblich durch die steigende Umfänge und intensiven Trainingseinheiten ab Frühjahr. Der Körper erinnert sich schnell. Bereits im Mai ist nach 3 Monaten mit gezielten Training die Form auf einem sehr guten stabilen Level. Fährt man nicht viele Rennen im Jahr, sondern nur einige wenige, kann man Umfänge und Intensität weiter steigern und sich so gezielt an seine Saisonhöhepunkte herantasten. Geklappt hat das 2016 erneut wunderbar! Die maximalen Umfänge lagen in trainingsreichen Wochen bei 20 bis 25 Stunden. Mit 15 bis 20 Stunden kann man schon sehr viel erreichen. Werden es mehr Stunden, muss die Intensität gesenkt werden, mehr und mehr Rekomfahrten eingestreut werden. Mit wenig Intensität sind so auch bis zu 30 Stunden möglich, aber nötig ist das aus Trainingssicht selbst bei unbegrenztem Zeitbudget auf keinen Fall. Die Gefahren des Übertrainings hingegen steigen stark an.
Zusammenfassung
In 7 Ländern fuhr ich 2016 mit dem Rennrad. Durch die Sonne Andalusiens in Spanien, im höchsten Gebirge der iberischen Halbinsel, in den Alpen in Italien, der Schweiz und in Österreich. Dazu das polnische und tschechische Iser-/Riesengebirge, sowie erstmals auch in den Bergen von Mähren. Der Brocken, der Klassiker im Harz wurde als 300 km Tagestour von Dresden beginnend unter die Räder genommen. Dazu eine Vielzahl an Fahrten auf schöne Straßen durch das deutsche und böhmische Erzgebirge und die Lausitz. Totale Reizflut und ein erhabenes Gefühl, in diesem Umfang Rennrad fahren zu dürfen.
Ausblick auf 2017
Es wird so schnell keine Steigerung des Weltrekordjahres 2016 geben. Weder emotional, noch sportlich ist Holzhau 2017 zu steigern. Allein daraus ergibt sich die besondere Herausforderung für 2017! Die Form von letzten Juli zur RATA-Teilnahme Nummer 3 erreichen, ist ein großes Ziel. Klassischer Saisonaufbau mit zwei Peaks. Peak 1 im Juni. Peak zwei im August. Ähnlich wie 2015 wieder ein bisschen agressivere Belastungsteigerung. Wenn es gut läuft, werde ich mich hoffentlich auch in diesem Jahr ein Stück weiter entwickeln und das Training noch ein bisschen steigern und verfeinern können. Nur Wunder und schnellen Fortschritt gibt es in diesen Leistungsbereichen nicht mehr zu erwarten. In dem Sinne wären 5 Watt mehr an der Bestform-FTP und der bisherigen CP20 schon gut.
Auf das 2017 vielleicht mit ein paar weniger Superlativen aufwartet, aber nicht minder schön und erlebnisreich wird. Der Erfolg ergibt sich dann von selbst. Bleibt gesund!
Die Veranstaltungen für 2017 sind unter diesem Link zu finden.